Was tut sich bei Global Instant Payments?
Globale Echtzeitzahlungen sind längst kein Zukunftsszenario mehr, sondern entwickeln sich Schritt für Schritt zur neuen Realität. Wie müssen Treasurer sich dafür rüsten? Ein Gastbeitrag von Thomas Feiler.
Liquidität bewegt sich schneller, Compliance wird zunehmend programmierbar, und strategische Entscheidungen rücken näher an den Moment der Transaktion. Was heute noch als Pilotprojekt von Zentralbanken oder Fintechs gilt, könnte schon bald den Alltag im Finanzmanagement großer Unternehmen prägen.
Die Geschwindigkeit der Entwicklungen überrascht selbst Branchenkenner. Mit Sepa Instant ist es in Europa schon heute möglich, Überweisungen in Sekunden durchzuführen. Doch der Blick reicht längst über die EU hinaus: Mit Projekten wie Mbridge und Project Nexus arbeitet die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) gemeinsam mit Zentralbanken an Modellen, die auch grenzüberschreitende Zahlungen nahezu in Echtzeit ermöglichen sollen. Diese Initiativen zeigen, dass sich der Zahlungsverkehr von einem Batch-orientierten Modell hin zu einem permanenten Echtzeitbetrieb bewegt.
Für Finanzabteilungen hat das weitreichende Folgen. Geschwindigkeit und ständige Verfügbarkeit werden künftig als Standard erwartet, sowohl von Geschäftspartnern als auch von Banken.
Veränderte Treasury-Rolle
Eine der wichtigsten Veränderungen betrifft das Liquiditätsmanagement. Während Treasurer bislang vor allem auf Tagesend-Salden und konsolidierte Reports vertraut haben, wird es künftig möglich sein, Mittel nahezu sekundengenau zu steuern. Geld kann damit gezielter allokiert, Finanzierungsbedarfe schneller gedeckt und Kapitalüberschüsse effizienter eingesetzt werden. Die Folge sind geringere Finanzierungskosten und eine höhere Flexibilität in der Unternehmenssteuerung.
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Instant Payments
Echtzeitüberweisungen werden auch in Deutschland populärer. Vor allem im Zahlungsverkehr mit Privatkunden spielen Instant Payments eine Rolle, aber auch für das Treasury werden sie relevanter. Doch es gibt auch Hürden.
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Darüber hinaus verändert sich auch die Rolle der Treasury-Abteilungen. Wer Geldströme in Echtzeit bewegen will, muss Prozesse, Systeme und Kontrollmechanismen so aufstellen, dass sie dieser Dynamik standhalten. Es reicht nicht mehr aus, einmal täglich Abstimmungen mit den Banken vorzunehmen. Vielmehr erfordert Echtzeit-Zahlungsverkehr eine kontinuierliche Überwachung und gegebenenfalls auch eine automatisierte Steuerung von Liquiditätspositionen. Für viele Unternehmen bedeutet das eine Anpassung ihrer Governance-Modelle und eine engere Verzahnung von Treasury, Compliance und IT.
Vielfältige Regulatorik birgt Risiken
Wo Chancen liegen, entstehen zwangsläufig auch Risiken. Eine besondere Herausforderung ist die regulatorische Vielfalt. Jedes Land verfolgt eigene Ansätze, wenn es um KYC-Vorgaben, Meldepflichten oder technische Standards geht. Für international tätige Unternehmen entsteht damit ein Umfeld asynchroner Regeln, in dem Transaktionen zwar technisch in Sekunden möglich sind, regulatorisch jedoch ganz unterschiedliche Hürden überwinden müssen.
Thomas Feiler; Foto: Privat
Hinzu kommt das Thema Sicherheit: Je schneller und vernetzter Systeme agieren, desto größer wird die Anfälligkeit für Cyberangriffe oder operative Störungen. Während bei klassischen Zahlungsprozessen Zeit bleibt, auf Auffälligkeiten zu reagieren, entfällt dieser Puffer im Echtzeitbetrieb. Unternehmen müssen daher deutlich stärker in Resilienz und präventive Sicherheitsmaßnahmen investieren.
Nicht zuletzt wächst die Abhängigkeit von Infrastrukturentscheidungen. Wer zu spät auf neue Standards reagiert, riskiert, den Anschluss an globale Zahlungsströme zu verlieren. Das gilt nicht nur für technische Schnittstellen, sondern auch für die strategische Einbindung in Netzwerke, die künftig den globalen Zahlungsverkehr dominieren könnten.
Neue Handlungsspielräume
Angesichts dieser Dynamik stellt sich für Entscheider die Frage, nicht ob, sondern wie man sich am besten darauf vorbereitet. Erste Erfahrungen lassen sich in Pilotprojekten sammeln, in Kooperation mit Banken, Fintechs oder durch die Teilnahme an länderübergreifenden Testumgebungen. Solche Projekte liefern wertvolle Erkenntnisse über Chancen, aber auch über operative und regulatorische Stolpersteine.
Darüber hinaus ist es sinnvoll, Szenarien zu entwickeln, wie sich die Zukunft des Zahlungsverkehrs gestalten könnte. Manche Experten erwarten eine fragmentierte Landschaft mit vielen parallelen Systemen, andere setzen auf föderierte Modelle, in denen Standards für Interoperabilität sorgen. Schließlich gibt es auch die Vision eines einheitlichen globalen Stacks. Für Unternehmen bedeutet das: Strategien müssen flexibel genug sein, um in jedem dieser Szenarien bestehen zu können.
Ein weiterer entscheidender Faktor ist der Aufbau von Kompetenzen im eigenen Team. Echtzeitzahlungen sind nicht nur eine technische Frage, sondern verändern Prozesse, Governance und Risikomanagement. Wer heute in Schulungen, Wissenstransfer und technologische Erprobung investiert, wird morgen deutlich besser in der Lage sein, die neuen Möglichkeiten in Wettbewerbsvorteile zu übersetzen.
Global Instant Payments sind weit mehr als nur ein schnellerer Zahlungsverkehr. Sie verändern die Architektur der Finanzfunktion und stellen neue Anforderungen. Für CFOs und Treasurer heißt das: nicht abwarten, sondern aktiv gestalten.
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Der Autor
Thomas Feiler ist Payments-und Cash-Management-Experte mit langer Praxiserfahrung. Seit 2024 betrachtet er den Markt akademisch und strategisch und ist Mitglied im Frankfurter Payments Network.
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